Liebe Leserin, lieber Leser
Aktuell haben Diversity & Inclusion in der Arbeitswelt Hochkonjunktur. Doch der Ausdruck «inclusion» ist etwas kritisch, denn er insinuiert, es gehören nicht alle dazu. Wen oder was müsste man sonst «inkludieren»? – Wer die Gleichwertigkeit im Blick hat, muss niemanden einschliessen; alle gehören dazu. Oder doch nicht? Ein provokativer Gedanke.
Weniger oft ist von denjenigen (erwerbstätigen) Menschen die Rede, die sich selbst aus der Arbeitswelt «hinausnehmen». Es sind diejenigen, die der Ansicht sind, sie gehörten nicht oder nicht mehr dazu. Dafür gibt es viele Gründe: Krankheit, Alter, Ausbildung, Migration, Invalidität. Die Aufzählung lässt sich fortführen.
Zahlreiche dieser Menschen betrachten sich tatsächlich als weniger wert (lies: weniger gleichwertig). Es sind dies beispielsweise Menschen, die durch ihre Krankheit per se eine Einschränkung erfahren. Diese kann an ihrem Selbstwert nagen, sodann unter anderem ihr Selbstvertrauen und in der Folge ihre Möglichkeiten im Leben beeinträchtigen beziehungsweise einschränken. Manchmal mehr, manchmal weniger.
Sie gehören mit zur Arbeitswelt. Gewiss! Beobachten lässt sich allerdings, dass sich diese Menschen oft mit Gesunden vergleichen und dabei feststellen: der andere ist gesund, sie sind es nicht. In ihren Augen fehlt ihnen selbst etwas. Der riskant abwertende und entwürdigende Trugschluss ist bald gezogen; sie gehören nicht oder nicht mehr ganz dazu. Es beginnt vielleicht subtil wie bei Menschen mit Refsum-Syndrom (die globale DARE Foundation setzt sich für die Verbesserung ihres Lebens ein. Für mehr Informationen siehe bitte ALAVALU wings). Langsam wird der Trottoirrand in den frühen Abendstunden für das Überqueren der Strasse zum Hindernis. Der weisse Stock hilft beim Überqueren der Strasse, er vermittelt dabei etwas Sicherheit. Dem Selbstbild hilft er hingegen nicht, denn er macht den «Mangel» sichtbar. Da hilft es, zum eigenen Selbstwert Sorge zu tragen und über Gleichwertigkeit als Mensch und Einzigartigkeit als Individuum nachzudenken. Egal auf welcher Seite man steht. Man kann sich auch (wieder) als «dazugehörend» sehen.
Ein Zusammenrücken als Gesellschaft von gleichwertigen Menschen, auch und gerade in der Arbeitswelt, ist gefragt. DARE to do! – Die Zeit böte einen günstigen Zeitpunkt, gedanklich damit zu experimentieren. Ein früherer amerikanischer Präsident pflegte gelegentlich zu sagen: Yes, we can.
© Renata C. Anceschi – Anceschi Human Consulting GmbH Bern